Erinnerungen an den Anfang eines guten Weges

Wie alles begann

Manchmal stell sich die Frage wie ist eigentlich diese Praxis Stratmann, Praxis für Physiotherapie, entstanden. Seit wann gibt es denn diese Praxis für Krankengymnastik? Gab es in 1946 eigentlich schon Physiotherapie oder Krankengymnastik und was ist mit Manueller Therapie oder Therapeutischen Geräten? Und was ist eigentlich ein medizinischer Bademeister? Über all das gibt uns die Tochter der Gründerin Gisela Stratmann-Kaulitz gern Auskunft:

….die Praxis „Stratmann“ von 1946 bis heute….aus der Erinnerung der 2. Generation… von (und mit) Gisela Stratmann-Kaulitz.

1 9 4 6    das Leben nach dem Krieg war nicht einfach. Jeder versuchte irgend etwas zu tun, um ein bisschen  Geld zu verdienen, um wenigstens einigermaßen leben zu können.

Mein Vater, Willi Stratmann, war schon 47 Jahre, als er die Ausbildung zum „Staatlich geprüften Masseur, med.Bademeister und Fußpfleger“ machte.

Aus finanziellen Gründen begann er im damaligen Hochbunker in Bettenhausen in einem Raum (natürlich ohne Fenster) medizinische Fußpflege anzubieten. Ebenfalls ansässig waren dort der Zahnarzt Löwer und Papier-Groß.

Mein Vater hatte ausserdem noch die Aufgabe übernommen, den Bunker morgens aufzuschließen und abends wieder zu verschließen. Der monatliche Lohn dafür betrug 12 DM!

An die Zeit im Bunker kann ich mich nur sehr vage erinnern, ich war einfach noch zu klein. Aber einige Erlebnisse hatte ich trotzdem, die in mir haften geblieben sind.

Zum Beispiel standen in dem Treppenhaus riesige Kartons von den Amerikanern, sogenannte Care-Pakete, in denen konnte man wunderschöne Kleidchen finden. In einem Karton waren Schuhe, leider nur linke….der Karton mit den „rechten“ Schuhen war nicht aufzufinden. Einmal verirrte ich mich in den langen Gängen und Kammern und hatte furchtbare Angst. Ich glaube, seitdem leide ich ein wenig unter PlatzangstDie meisten Stunden verbrachte ich aber im evangelischen Kindergarten oberhalb der Pfarrstraße, Tante Ursel war eine wunderbare Kindergärtnerin, der ich dann später auch wieder begegnet bin….aber jetzt erst einmal der Reihe nach.

Hildegard Stratmann mit ihren Mitschülern der Rohrbachschule

Der Warteraum in der Dorfstraße

Warteraum in der Dorfstraße

Wir waren einige Jahre in dem Bunker. Meine Mutter besuchte auch die Rohrbachschule und machte ihr Staatsexamen, und dann kam natürlich der Wunsch auf, sich zu verändern, das anzubieten, was ihre Ausbildung ihnen möglich machte.

Mein Vater fand Räume in der damaligen Dorfstraße (heute Erfurter Straße) die passend schienen, um die erste Massagepraxis mit medizinischen Bädern , Bewegungstherapie und med. Fußpflege in Bettenhausen zu eröffnen. Meine Mutter war sehr ängstlich, die finanziellen Mittel begrenzt.

Dann kam der Zufall zu Hilfe. Zu unseren Patienten zählten auch Herr Krell von der Molkerei Krell am Lindenberg  und Herr Hausmann von der Spedition Hausmann, die in der Leipziger Straße ansässig war. Beide liehen meinen Eltern fünfhundert D-Mark, was für meine Mutter schlaflose Nächte bedeutete.

Die Räume im Hause Sinning wurden hergerichtet. Das bedeutete: In einem Raum wurden 2 Badewannen eingebaut mit einem riesigen Warmwassertank an der Wand, in einem klitzekleinen Raum daneben war die „Moorküche“, in der mein Vater oft Muscheln kochte (allerdings nicht im Moortopf), sehr zur Freude seiner Geldgeber, die während der Behandlung die Muscheln verzehrten (heute undenkbar, schon die Gerüche, die durch die Praxis zogen) aber zu der Zeit war alles anders. Unser kleiner Aufenthaltsraum war hinter der Toilette, nur durch eine Gardine abgetrennt…. na, denken wir mal nicht weiter drüber nach…, dann gab es noch 4 Massagekabinen und 2 Fußpflegekabinen.

Wenn ich mal krank war, wurde ich von Massagebank zu Massagebank umgebettet. Daran kann ich mich noch gut erinnern, auch daran, wie schön man schlafen konnte, wenn man die Gespräche in den Nachbarkabinen nicht verfolgte und sich nur auf die Monotonie der Stimmen einließ.

Ja, nicht vergessen möchte ich, wie die ganze Praxis beheizt wurde.
Im Flur, ziemlich zentral in der Praxis stand ein riesiger Ofen, der mit Koks beheizt wurde. In hohen Behältern wurde der Koks aus dem Keller geholt und nach Bedarf verheizt. Das war schon eine ziemlich Kräfte zehrende Arbeit, aber es gab keine andere Möglichkeit.

Neben uns war „Zoo-Kirchner“, eine nette Familie. Überhaupt hatte man damals noch viel menschlichen, sehr freundlichen und humorvollen nachbarschaftlichen Kontakt.

Nach der Grundschule ging ich den Städtischen Kindergarten, in dem man Mittag gegessen hat und den Nachmittag mit Spielen verbracht hat.

Und da ich immer irgendwie „untergebracht“ werden musste, weil meine Eltern beide arbeiteten, ging ich in die erste Ganztagsschule, die es in Kassel gab. Danach habe ich mich mit den Kindern aus der Nachbarschaft, der Dorfstraße, getroffen. Wir haben uns viel an der Losse aufgehalten und im Winter mit Schlittschuhlaufen auf der zugefrorenen Losse unsere Zeit verbracht. Es war eine schöne Zeit.

Ja, ich wurde älter und die Frage der Berufswahl stand an:  Ich sollte auf keinen Fall einen so schweren Beruf erlernen wie meine Eltern….. also fand ich eine Ausbildungsstelle in der damaligen Spinnfaser, später Glanzstoff und absolvierte dort eine kaufmännische Ausbildung. Aber das war einfach nicht mein Ding.

Ich durfte dann doch in die Fussstapfen meiner Eltern treten und besuchte auch die Rohrbachschule und wurde: „Na, Sie wissen schon!“

Und weil alles ein wenig fortschrittlicher, schöner, größer werden sollte, mieteten meine Eltern Räume in der Pfarrstraße 17 an. Dort wurde eine Heizung eingebaut, große Fenster sorgten für Helligkeit, und wir richteten die Praxis liebevoll ein. Neben uns war auf der einen Seite eine Fahrschule und auf der anderen Seite ein Bestatttungsinstitut.

Ach ja, und in diesem Haus wohnte im ersten Stock meine Tante Ursel aus dem Kindergarten. Ich habe mich sehr gefreut, sie wiederzusehen.

Nach meinem Praktikum in der „Städtischen Klinik“ verlegte ich mein Arbeitsfeld dorthin. Mein Vater, fast 70 Jahre alt, konnte endlich in den wohlverdienten Ruhestand gehen, den er nur eineinhalb Jahre genießen konnte.

Meine Mutter arbeitete als Fußpflegerin weiter, bis auch sie 1987 aufhörte in der Praxis zu arbeiten.

Werbeschild auf dem Niestetaler Fußballplatz

Das erste Team als Diana die Praxis übernahm

Mit 25 Jahren habe ich mich selbständig gemacht. Als dann die Fahrschule nebenan in andere Räume zog, habe ich diese noch dazu genommen, um mehr Platz zu haben.

Und dann begann für viele Jahre eine abwechslungsreiche, manchmal abenteuerliche Zeit mit viel Arbeit, einigen privaten Tiefschlägen, so wie das Leben halt spielt, mal hoch, mal runter.

1989 zwang mich eine Krankheit über mein Leben nachzudenken, mir einzugestehen, dass es nicht nur aus Arbeit bestehen darf, was zur Folge hatte, dass ich den Betrieb herunterfahren musste, bis sich meine Tochter Diana aus eigener Motivation heraus, entschloss die Praxis Stratmann wieder aufzubauen. Als Physiotherapeutin und mit genau so viel Liebe zu ihrem Beruf und Engagement mit Menschen zu arbeiten, übernahm sie  1997 in 3. Generation die Praxis in der Pfarrstraße. Und was sie daraus gemacht hat, das können Sie sich gern in den neuen Praxisräumen in der Burgstraße 30, Ecke Pfarrstraße ansehen. Wir freuen uns auf Sie!

Ich bin sehr dankbar, so eine patente, lebensbejahende und charismatische Tochter zu haben.

Herzliche Grüße

Gisela Stratmann-Kaulitz